Zeit für Einkehr und Umkehr

Zu „Was will uns das Virus sagen?“ (F.A.Z. vom 10. Dezember): Meinen spontanen Dank für den Beitrag von Edo Reents. Seine Betrachtungen gehören in meinen Augen zu den bemerkenswertesten und bedenkenswertesten Diskussionsbeiträgen zum alles beherrschendem Thema dieses Jahres. Ich bin Muslim und zähle mich trotzdem nicht zu den „religiösen Scharfmachern“, vor denen der Autor im Eingang warnt. Auch ich lehne die Auffassung ab, die Pandemie sei eine „Strafe Gottes“. Und doch meldet sich der so lange verborgene Gott mit Macht wieder zurück und greift auf seine Weise in die Menschengeschichte ein. Man spürt es allerorten: Es wird wieder mehr gebetet. Die Menschen gehen in sich, sie suchen Trost, Rat und Antwort bei Gott, den sie längst vergessen oder verdrängt haben, von dem sie nichts mehr wissen wollten. Und Gott spricht zu den Menschen – nicht durch Strafen, aber durch Zeichen, Warnzeichen und Mahnung. Er redet uns Menschen persönlich und kollektiv ins Gewissen. Er hält uns die Folgen unserer Lebensweise vor Augen und mahnt uns, ganz im Sinne ihres Autors Reents, das Fortschrittstempo zu drosseln und die Fahrtrichtung zu ändern. In der Thora und im Koran wird von den vielen Plagen berichtet, die die alten Völker heimgesucht haben. Für die Prophet*innen waren sie Anlass und Anstoß, die Menschen zur Einkehr und zur Umkehr aufzurufen. Ebenso möchte uns Gott mit der aktuellen Pandemie eine Lehre vermitteln und so zur Erziehung des Menschengeschlechts beitragen. Dr. Peter Schütt, Hamburg

 

(Leserbrief veröffentlicht am 30.12.2020 F.A.Z. Briefe an den Herausgeber)