Eine Unschuldslilie für Emilie
das Feigenblatt für Sujata Bhatt
für Semra Ertan das Blümchen-rühr-mich-nicht-an
eine Ackerwinde für Rosalinde
eine Ackerraute für Traute
eine Anemone für Simone
für Svea eine Bougainvillea
für Filiz eine Amaryllis
für Anke die Gertenschlanke
eine Je-länger-je-lieber-Ranke
für Edeltraut ein Tausendgüldenkraut
Veronika für Malika
ein aztekisches Blumenrohr
für Nancy aus Ekuador
für Margarete eine Engelstrompete
für Elisabeth ein Regenbogenbukett
ein Buschwindröschen für mein Mimöschen
für Ullahähnchen ein Löwenzähnchen
für Ute die Gute meine Wünschelrute
eine Alraune für Gloria die Braune
für Emina, unsere La Bohemina,
einen Myrtenstrauß aus Herzegowina
für die rote Elsnerin,
Enkelin der Zetkin,
unsere allererste Emanze,eine kapitalistenfleischfressende Pflanze!
Für Gretel, unsere Heldin des Widerstands
einen rotgoldenen Lorbeerkranz!
Und last not least
meinem allersüßesten Biest,
meiner Traumfrau aus dem anderen Amerika
mein Herz, geflochten aus Glocken-Erika!
All den anderen fleißigen Lieschen
schenke ich ein süßes Frauentagsküsschen:
Sie sollen sich emanzipieren,
aber bitteschön ihren Liebreiz nicht verlieren.
Ohne die Zärtlichkeit der Frauen
läßt sich kein Paradies erbauen.
Lasst uns statt stur zu Klassenkämpfen
schwelgen in Lavendeldämpfen.
Die Kampfeslust lasst uns zügeln,
denn zwischen den Hügeln
erhabenster Weiblichkeit
fließt der Urquell der Parteilichkeit.
Darum wollen wir unsere Frauen streicheln,
mit Komplimenten umschmeicheln,
auf Rosen betten,
vor Gleichmacherei erretten,
mit ihnen ins Grüne radeln
und sie endlich zu Müttern adeln!
So wird der Jüngste Tag
zum triumphalen Frauentag.
Das Ewigweibliche wird obsiegen,
wir Männer werden unten liegen.
Darum wollen wir beizeiten
den blitzgescheiten
den wunderschön mächtigen
liebreich und prächtigen
holdseligen Frauen
unser Glück, Freiheit und Frieden anvertrauen.
PETER SCHÜTT,1982