EIFFE LEBT - JETZT IM KUNSTVEREIN

 

Am Rande der 1968er Proteste in der Hamburger Universität wurde Peter Ernst Eiffe durch seine absurden Parolen berühmt, die er mit Filzstift auf Verkehrsschilder, Plakate, Briefkästen, Preisschilder und U-Bahn-Wände schrieb. Das gipfelte darin, dass er mit seinem Fiat in die Wandelhalle des Hauptbahnhofs fuhr und dort die "Freie-Eiffe-Republik"ausrief. Er wurde daraufhin in die Psychiatrie in Ochsenzoll eingewiesen und starb fünf Jahre später an den Folgen seiner Zwangspsychiatrisierung.

 

Ich habe Eiffes Aktivitäten damals aus nächsten Nähe verfolgt und zusammen mit Uwe Wandrey eine erste Dokumentation über seine Sprüche herausgegeben: "Eiffe for President". 1985 drehte der Filmemacher Christian Bau seinen Dokumentarfilm über Eiffe.

 

Er beginnt mit einer Erzähliug von mir. Ich berichte, wie der Graffitist mir stolz seine Inschrift auf den Wänden in den Herrentoiletten im Keller des Audimax zeigt: "Professoren, verpisst Euch! Keiner vermisst Euch!", vollbracht in der selben Stunde, als im großen Hörsaal "unter den Talaren der Muff von tausend Jahren" vorgeführt wird. 2019 hat Christian Bau für die Filmkooperative "die thede" in Zusammenarbet mit Arthur Diekhoff eine umfangreiche, bibliophil gestaltete Dokumentation über Eiffes Werk und Wirkung Eiffes herausgebracht, die von der Staatsbibliothek als "Hamburg-Buch des Jahres" ausgezeich-

 

net wurde. Aller gute Dinge sind drei. Im Kunstverein Hamburg am Klosterwall ist zur Zeit eine bemerkenswerte Ausstellung zu sehen "Peter Ernst Eiffe & Friends". Der aus Australien kommende Kurator Nicholas Tammens hat zusammen mit schriftlichen Zeug-

 

nissen von Eiffe und seinen Weggefährten, darunter auch von mir, Arbeiten von Hamburger Bildenden Künsterinnen und Künstlern vorgestellt, die zur selben Zeit erstmals öffentlich aufgetreten sind, unter ihnen Jacqueline Jong, KP Bremer, Sigmar Polke und Yuji

 

Agematsu.

 

Zur Ausstellungseröffnung am 18. Juni hatte ich einige Bücher und Broschüren aus meiner aktuellen Produktion mitgebracht, vom Pro-aging-Manifest über die Coronabonds bis zum plattdeutschen Lütt Schütt. Nicht nur mir fiel auf, wie sehr sich diese Publikationen in der Machart den "Kampftexten" ähnelten, die ich 1967/68 im Quer-Verlag meines Mitbewohners Uwe Wandrey veröffentlicht habe.

 

Das lässt zwei Schlüsse zu. In Bezug auf meine Person: ich bin mir selber treu geblieben. In Bezug auf die Zeit: vielleicht leben wir heute im Zeichen der Pandemie und der anderen Krisensymptome in einer ähnlichen Umbruchs- und Aufbruchszeit wie um 1968.

 

 

 

https://www.deutschlandfunkkultur.de/vergessener-graffiti-kuenstler-eiffe-der-aussenseiter-mit.2156.de.html?dram:article_id=461668